Montag, 17. April 2006
I simply buy what I like
ist der Ausspruch eines Bekannten aus England, den es wegen seiner beruflichen und religiös-ethnischen Tätigkeiten viel durch Europa treibt. Wir hatten ein Interview an einem Samstag Abend südlich von München, danach unterhielten wir uns ein wenig, unter anderem über das Interieur des Schlosses, und dann kam irgendwann die Frage von ihm, ob es hier in der Nähe denn Fairs gäbe, wo man sowas kaufen könne - ein schlichtes Demilune aus Kirschholz, das wäre was. Die "Fair" gab es, 50 Kilometer weiter westlich, in Salzburg, und so verschwanden wir am nächsten Morgen heimlich aus dem Schloss, kurvten durch das Voralpenland, und erreichten bald diese vom Katholizismus niedergerückte, paradiesisch schöne, vergiftete Stadt an der Salzach, die noch jeder grosse Bewohner angewidert verlassen hat, von Mozart über Herzl bis Zweig. Dort erwarb er zwei Portraits - die er nicht brauchen konnte - einen alpenländischen Tisch - der garantiert nicht in seine Londoner Wohnung passte - ein paar Fayencen - they don´t fit with Imari, what do you think, Don - und noch eine Monstranz - gee, I could use it as a etrog box. Jedenfalls, ein Demilune war nicht dabei.

Auf der Heimfahrt überlegte er Strategien zur Umgehung seiner Gattin und erklärte mir, dass es letztlich eben sein Schicksal sei, das zu kaufen, was ihm gefalle, und nicht das, was zusammen passe. Und als ich gestern aus Pfaffenhofen nach Hause kam, wo ich hingefahren bin, um einen kleinen Tisch zu kaufen, da dachte ich wieder an ihn. Weil ich keinen Tisch gefunden hatte.



Sondern eine wirklich "unusual, rare", weisse Cloisonnéedose. Ich bin bei diesen Objekten immer etwas skeptisch, wenn sie weiss sind, das ist nicht wirklich mein Geschmack, aber die ist ausgesprochen fein und alt. Und sie hat eine Geschichte. Desweiteren ein Stich von Daniel Deuchar nach einem Gemälde der Schule von Fountainbleu. Regelmässige Leser kennen meine Sucht nach allem, was mit Manierismus zu tun hat. Und ein Bild von der alten Heimat eines Teilclans: Ein grosser Stich von Arbois in der Franche-Comte, etwa 1780. Nachdem im anderen Raum schon vier weitere Spiegel irgendwie keinen Platz mehr haben, noch ein recht erblindeter Biedermeierspiegel. Komisch, man steht davor, erhandelt ihn und vergisst völlig, dass man ihn nicht braucht. Liegt wohl an dem fein gemaserten Mahagoni.

Gut, die Dose kann ich als Teetrinker durchaus für eine gröbere Sorte gebrauchen. Der Rest würde mich vor Probleme stellen, hätte sich da in der Familie nicht vor kurzem etwas getan. Zugrunde liegt eine lange, die Öffentlichkeit nicht betreffende Geschichte, aber im Ergebnis werde ich wohl 2 Stockwerke weiter unten eine Wohnung bekommen. 85 m², 3 Zimmer, Küche, Bad. Mit ganz viel Wand für viele Bilder. Es muss sein. Denn sonst wird das hier oben bald etwas eng.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Sonntag, 9. April 2006
Der Urgrund der Kronleuchter
In englischen Auktionskatalogen werden manche Lose mit dem einleitende Adjektiv "unusal" beschrieben, ungewöhnlich also, wenn sie aus dem Rahmen fallen. Unusual, dachte ich, als ich die Kurve am Westrand des Trödels an der Strasse des 17. Juni nahm, denn dort reckte sich, selbst vom Auto aus sichtbar, an einem Stand das Gestänge eines schmalen Kronleuchters nach oben, garniert mit einzelnen Kristallen. Selten suchte ich so intensiv nach einem Parkplatz, selten sah man mich derart ungemessenen Schrittes zum Ort der funkenden Pracht eilen. Ich kannte den Händler bereits, er meinte mich zu kennen, durfte dann aber schnell einsehen, mich gerade erst als würdigen Vertreter eines Stammes kennenzulernen, der schon mit G´tt verhandelt hat und deshalb Syrer allenfalls als leichte Sparringspartner betrachtet.

Nun pflege ich es nicht so weit zu treiben, dass man sich nicht mehr in die Augen schauen kann und der andere einem das Objekt angewidert hinwirft. Ideal ist es, wenn man danach noch ein Schwätzchen führen kann, zur Frage, wo denn die neue Preziose herkommt. In diesem Fall stammt sie nicht aus einer Wohnung, sondern aus der Durchfahrt eines Wohnhauses in Pankow, wo sie im Gegensatz zu ihren Geschwistern von den 30ern bis 2006 alles überstanden hat, Krieg, Diktaturen, Wiedervereinigung, und langes Dämmern, bis der Investor anrückte und feststellte, dass diese eine, letzte verbliebene Lampe eigentlich nur störte und alles, was sonst noch an die alte Zeit gemahnte und beweglich war, eben jenem Händler verkaufte, der ihn mir verkaufte, der ich justament für die Küche im 1. Stock so einen hohen, schmalen Kronleuchter mit wenigen Kristallen brauche.

Was dieses Glück für mich in Berlin letztlich bedeutet, kann man sich an diesem Objekt in der Danziger Strasse anschauen, das als eines der ersten nach der Wende restauriert wurde.



Da hat man also die Rosetten an der Stuckdecke nackt stehen lassen und statt dessen die üblichen, langweiligen, runden Billiglampen an die Seite gesetzt. Sofort verschwindet der üppige Raumeindruck, denn der Stuck und der gesamte Raum ist nun mal darauf berechnet, dass das Licht frei in der Mitte des Raumes schwebt und alles gleichmässig mit Licht erfüllt, wobei die Kristalle dieses Bemühen mit Brechungen unterstützen. Statt dessen entstehen helle Batzen und dunkle Areale. Die Wand unter den Leuchtmitteln ist im Dunkeln und lädt geradezu dazu ein, hier Müll, Plunder und andere Hässlichkeiten zu postieren - fällt ja keinem auf. An diese Wand wird dann auch ein Holzbrett mit Briefkästen gestellt - sieht ja keiner. Und wenn es ohnehin schon so schmuddlig aussieht, kann man auch noch die Räder drin stehen lassen. Auch wenn sie einen Platten haben. Dann braucht auch der Hausdienst nicht mehr in jeder Ecke putzen, da kommt der nicht mehr hin. Dann wischt man allenfalls noch den Boden, und lässt die Konsolen verstauben. Und wenn der Putz bröckelt, was soll´s, spielt eh keine Rolle mehr, in einem Hausgang, der so verschandelt ist.

Die Kronleuchter im Hausgang sehen tatsächlich für den heutigen Betrachter etwas protzig aus. Aber sie zu entfernen und gegen pflegeleichte Rundlampen zu ersetzen, bedeutet, das erste "Broken Window" in einem langen Prozess des Niedergangs zu produzieren. der rausschmiss des alten Luxus öffnet das Tor zum allgemeinen Niedergang, dessen Kosten nichts sind im Vergleich zum bescheidenen Aufwand, alle paar Monate die Kistalle zu putzen. Der Schmierer ist nur das Ende einer Dreckskette, die ihren Anfang beim Investor und seinen 5-Euro-Lampen nimmt. Das Dirt Pic hat seinen Ursprung nicht im Schmutz an sich, sondern im Umgang aller Berliner mit ihrer Stadt. Es tut meiner Küche im 1. Stock gut. Berlin aber...

... link (0 Kommentare)   ... comment


Antikmarkt am Flughafen München
Vor zwei Wochen in Pfaffenhofen (ausnahmsweise am vierten statt am dritten Sonntag im Monat) wurde ich auf einen weiteren Antikmarkt des Veranstalters aufmerksam, jeden zweiten Sonntag im Monat auf der überdachten Freifläche zwischen Terminal 1 und Terminal 2. Überdacht ist hier übrigens nicht gleichzusetzen mit warm und trocken, durch die offenen Seitenwände weht ein eisiger Wind und es tropft auch schon mal ganz gerne von der Decke.
Leider waren nicht so viele Händler da, maximal 20.

Aber die Auswahl ging trotzdem von Möbeln (wenige) über Bilder, Teppiche, Asiatika, Geschirr, Silber zu Schmuck (sehr viel). Da der Markt wohl erst im März wieder begonnen hat, werden hoffentlich noch mehr Händler im Laufe des Sommers hinzukommen. Bis auf die Kälte war die Atmosphäre angenehm.
Ein Schätzchen habe ich mir geleistet: 31 Teile Royal Doulton Sherbrooke.
Davon nehme ich gerne mehr.

... link (3 Kommentare)   ... comment


Sonntag, 12. März 2006
Flohmarkt in der Gastwirtschaft
Käshammer im Gelpetal

Tassen, Gläser, Teller. Besteck ohne Ende, das meiste in Rostfrei, kaum in Silber. Kistenweise diese Kännchen, die bekam, wer ein "Kännchen Kaffee" bestellte - bevor Espresso, Cappuccino und co. das Feld eroberten.



Gastronomieausstattung, nennenswert eine alte Kaffeemaschine mit Leinenfilter (Foto - auf dem Tisch hinten), verschiedene Deko-Artikel für Tisch, Wand und Decke, meist dunkel und schwer. Ein Wandbord (Foto) mit 15 Motivtellern zu besonderen Orten in Wuppertal - darunter auch der Käshammer, ein historischer Metallbearbeitungsplatz an der Gelpe, der hier Ort des Geschehens ist. Für die Teller mit Bord wollen sie, ähm, 180 Euro haben. Ansonsten sind die Sachen aber spottbillig.



Hier geht eine Ära zu Ende, die bewirtschaftende Familie, die sich wohl aus Altersgründen zurückzieht, war jahrzehntelang auch für die Bewirtschaftung des Opernhauses in Barmen und des Schauspielhauses und der Historischen Stadthalle in Elberfeld verantwortlich. Mir tuts weh, es ist das gleiche Gefühl ist wie beim Ausräumen der Schmiede meines Großvaters.

Ich habe es erst am Samstagnachmittag erfahren, da war der erste Verkaufstermin schon voll im Gange. Die Biergartenausrüstung ist weg.

Weiter geht es am Sonntag, 12. März, ab 12 Uhr und am Montag nach Vereinbarung. Am Dienstag soll Übergabe sein. Mal sehen, was sich der neue Besitzer einfallen läßt.

Käshammer 1, 42349 Wuppertal (Cronenberg, Gelpetal).

... link (0 Kommentare)   ... comment